Innovationsworkshops

Innovationsworkshop

Ideenfindung für Innovationen erweist sich ohne Orientierung als uneffektiv. Die Ideenfindung braucht eine strategische Ausrichtung. Auf Grundlage einer Szenariostudie oder einer Suchfeldmatrix können Suchkorridore für Innovationen aufgestellt werden. Aber wie geht es nun weiter? Innovationsworkshops sind jetzt ein probates Instrument.

 

Innovationsideen in Workshops gezielt erarbeiten

Im Innovationsprozess folgt nach der Phase „Strategische Orientierung“ die Konzeptfindungsphase (vgl. Abbildung 1). In dieser Phase sind Innovationsworkshops ein wesentliches methodisches Instrument.

Innovationsworkshops im Innovationsprozess

In Innovationsworkshops werden in einem Gruppenprozess gezielt Ideen für neue Produkte oder Dienstleistungen erarbeitet. Ein Vorteil solcher Workshops besteht darin, dass durch die Auswahl der Teilnehmer unterschiedliches Wissen in den Ideenfindungsprozess eingebracht wird. Der Einsatz von Kreativitätstechniken stimuliert das Generieren wirklich neuer Ideen. Unscharfe Ideen werden durch den Austausch in der Gruppe weiterentwickelt.

Wesentlich für den Erfolg eines Workshops ist die Auswahl der Gruppenteilnehmer. Es sollten mindestens 6 Personen teilnehmen. Ideal ist eine Gruppengröße von 12 Teilnehmern; eine Obergrenze liegt bei ca. 20 Personen. Zu achten ist auf eine sozial homogene, aber fachlich heterogene Zusammensetzung. Die Teilnehmer sollten für das Thema motiviert und eher Generalisten als absolute Laien oder spezialisierte Experten sein. Vorteilhaft ist eine ausgeglichene Mischung, z.B. rege, phantasievolle Personen in Kombination mit bedächtigen Denkern. Destruktive, dominierende Charaktere sollten möglichst nicht eingeladen werden.

Eine Ideenfindungssitzung z. B. mit der Methode Brainstorming, die insgesamt 1,5 bis 2 Stunden dauert, bezeichnen wir noch nicht als Innovationsworkshop. Der Workshop gliedert sich vielmehr in mehrere Stufen: Ideen werden nach einer sorgfältigen Klärung der Aufgabenstellung generiert, sie werden nach Bereichen sortiert (strukturiert), bewertet und priorisiert; aussichtsreiche Ideen werden kreativ und inhaltlich vertieft; und die aussichtsreichsten Ideen werden wiederum ausgewählt; für diese nur noch wenigen Ideen werden Steckbriefe erarbeitet, die die weiteren Schritte der Umsetzung aufzeigen; schließlich werden diese ausgearbeiteten Ideenkonzepte in eine finale Rangfolge gebracht.

Für das aufgezeigte Arbeitsprogramm sollte ein Zeitrahmen von 1,5 oder 2 Tagen angesetzt werden; ein Tag ist eine Minimalanforderung.

Es ist nicht sehr effizient, wenn ein Innovationsworkshop ohne Suchorientierung geplant wird – nach dem Motto: „Wir geben mal nichts vor. Mal sehen, was in den Köpfen der Mitarbeiter so drin steckt!“ Dieser Ansatz hat sich nicht als zielführend erwiesen: Es kommen viele Ideen; davon sind ein großer Teil schon bekannt. Der Anteil an echten Innovationsideen ist gering. Ein so konzipierter Workshop würde dann Sinn machen, wenn keine Innovationsstrategie vorliegt und man ihn als Bestandsaufnahme ansieht, auf der eine Suchstrategie aufsetzen kann.

Es empfiehlt sich vielmehr, Suchfelder und Leitlinien, die strategisch festgeschrieben wurden, vorzugeben. Solche Vorgaben richten das Denken in eine gewünschte Richtung; sie ermuntern aber auch zum mutigen Denken, indem grundlegende Vorschläge und größere Innovationsvorhaben vorgebracht werden: „Wenn die von der Geschäftsleitung bestätigte Orientierung gültig ist, dann muss es wohl möglich sein, fundamentale Vorschläge einzubringen.“ Die Verbesserungsideen zum Alltagsgeschäft werden dann weniger in Betracht gezogen.

Im Hinblick auf Zielsetzung und eingebrachte Inputs können folgende Workshoptypen unterschieden werden:

  • Trendgestützte Innovationsworkshops
  • Bedarfsorientierte Innovationsworkshops
  • Technologiebezogene Innovationsworkshops
  • Problemorientierte Innovationsworkshops

In allen Fällen sind die kreative Ideengenerierung sowie ein Screening und eine Ideenvertiefung in mehreren Stufen wesentliche Elemente des Workshops. Als Ergebnis soll nicht nur eine lange Liste teils vager Ideen vorliegen, sondern eine überschaubare Zahl ausgearbeiteter Ideenkonzepte.

Trendgestützte Innovationsworkshops

Innovationen dienen der Zukunftsausrichtung eines Unternehmens. Also sollte man bei der Generierung von Innovationsideen zukünftige Entwicklungen, also Trends, die in die Zukunft reichen, in Betracht ziehen.

Bei der Vorbereitung des Workshops sind Trends, die für Innovationen relevant sein könnten, zusammenzustellen. Sofern im Rahmen der strategischen Orientierung Szenarien erstellt wurden, können diese Trends direkt daraus abgeleitet werden.

Liegen keine Szenarien vor, sollte in einem kleinen Kreis ein Satz von Einflussfaktoren, die maßgeblich die zukünftige Entwicklung des betrachteten Themas beeinflussen, zusammengestellt werden. Für diese Einflussfaktoren sind mithilfe von Recherchen Trends bis zum ausgewählten Zieljahr aufzuzeigen.

Für den Workshop sind nicht mehr als acht bis zehn Trends auszuarbeiten. Die Trends sollten von Teilnehmern recherchiert werden. Die Arbeit sollte aufgeteilt werden; ein Mitarbeiter soll zwei oder höchstens drei Trends ausarbeiten und präsentieren.

Abbildung 2 zeigt die Struktur eines trendgestützten Innovationsworkshops. In Abbildung 3 wird der im Folgenden beschriebene Workshopablauf differenziert dargestellt:

Ablauf eines trendgestützten Innovationsworkshops

Ablauf eines zweitägigen Innovationsworkshops

Zu Beginn des Workshops ist das Thema vorzustellen; Verständnisfragen sind zu besprechen. Wichtig ist, dass der Moderator gemeinsam mit der Gruppe das vorab festgelegte Thema präzisiert oder ergänzt. Die Gruppe soll sich die Aufgabenstellung zu Eigen machen. Beim Aufgabensteller verbleibt ein Vetorecht, wenn sich Teilnehmervorschläge zu weit von der ursprünglichen Aufgabenstellung entfernen.

Danach werden die Trends vorgetragen und erläutert (ca. 10 Minuten je Trend). Nach jeder Trendpräsentation werden die Teilnehmer aufgefordert, individuell Ideen auf Pinnkarten zu schreiben. Dafür sind ebenfalls 5-10 Minuten einzuplanen. Da in der Regel zu den Trendausführungen Fragen gestellt und Ergänzungen vorgebracht werden, sind pro Trend 20 Minuten anzusetzen. Die Ideenfindung für sieben Trends dauert also etwa 2,5 Stunden. In der Regel entstehen in diesem Prozess bereits viele Ideen.

Da die erste Ideenfindung auf bestimmte Trends ausgerichtet ist, werden Ideen außerhalb der Trends nicht angeregt. Um ergänzende Ideen zu generieren, ist anschließend eine Kreativitätstechnik anzuwenden; die Kartenumlauftechnik ist dafür besonders geeignet. (Einen Überblick über Kreativitätstechniken für die Anwendung in Workshops gibt Kasten 1.) Auch daraus resultieren in der Regel noch einmal viele Ideen.

Kreativitätstechniken für Innovationsworkshops

In der Regel liegt die Zahl der Ideen nach diesen beiden Ideenfindungsschritten deutlich über 100. Die Ideen sind nun nach gleichartiger Lösungsrichtung zu sortieren. Doppelnennungen und sehr übergeordnete (abstrakte) Vorschläge werden aussortiert. Dafür sind ca. 60 Minuten anzusetzen.

Es folgt nun eine erste Ideenbewertung. In der Workshopsituation eignet sich dafür das Punktekleben. Ein dreistufiges Verfahren ist dem üblichen Vorgehen (ein Bewertungsgang) vorzuziehen. Kasten 2 beschreibt das dreistufige Punktekleben.

Nach dieser Bewertung kristallisieren sich einzelne Ideen und in gleiche Richtung gehende Ansätze heraus. Sie gilt es, kreativ zu vertiefen und konzeptionell zu konkretisieren. Diese Vertiefung von Lösungsansätzen sollte parallel in zwei oder drei Teilgruppen vorgenommen werden. Dabei sind Kreativitätstechniken aus der Gruppe der Konfrontationstechniken anzuwenden.

Die Ergebnisse dieses Vertiefungsschritts werden in der Gesamtgruppe vorgetragen und bewertet. (In Frage kommen die Methoden „Qualitative Nutzwertanalyse“ mit wenigen Kriterien oder „Auswahl nach Sollkriterien.“ Eine Übersicht über Bewertungsmethoden in Workshops findet sich Kasten 3.)

Ideenbewertungsmethoden im Workshop

Im nächsten Schritt werden für die ausgewählten Ideen Ideenkonzepte ausgearbeitet. Hierzu wird ein Steckbrief nach gleichem Muster erstellt. Die Zahl der ausgewählten Ideen hängt von der Umsetzungskapazität bzw, dem Umsetzungsbedarf sowie von der Teilnehmerzahl ab. Es werden 3er- oder 4er-Gruppen gebildet, die die Idee ausführlich, evtl. auch als Wirkungs- oder Ablaufsskizze, beschreiben. Zusätzlich werden anhand eines Steckbriefs wichtige Punkte zum Verständnis der Idee und für die Umsetzung besprochen und auf Flipcharts festgehalten. (Kasten 4 gibt die Bearbeitungspunkte eines Ideensteckbriefs wieder.)

Die Ideenkonzepte werden anschließend in der Gesamtgruppe zur Diskussion gestellt und Ergänzungen und Verbesserungen aufgenommen. Daran schließt sich ein finales Ranking mithilfe der Methode Paarvergleich an.

Als Ergebnis des Workshops liegen sowohl eine umfassende Liste von Ideen als auch eine kleine Zahl mehrfach positiv bewerteter und durchgearbeiteter Ideenkonzepte vor. Auf Basis der Rangfolge der ausgearbeiteten finalen Ideen kann vom Entscheidungsgremium sofort eine Umsetzungsentscheidung getroffen werden. Bei positiver Entscheidung werden sie in die Stufe Vorprojekte überführt.

Bedarfsorientierte Innovationsworkshops

Das Vorgehensmuster der trendgestützten Workshops ist auch für die anderen hier dargestellten Workshoptypen gültig. Unterschiedlich ist jeweils der erste Abschnitt vor der breiten Ideenfindung.

Ein Anregungskomplex für neue Produkte oder Dienstleistungen sind Probleme, Anforderungen, Bedürfnisse, Wünsche der aktuellen oder potenziellen Kunden (Pull-Innovationen). Sie können durch spezielle Studien zur Innovationsbedarfserfassung oder im Rahmen von Workshops als Basis der Innovationssuche eingebracht werden.

Workshops zur Innovationsfindung auf Basis von Kundenbedarf können

  • mit Vertretern bestehender Kunden oder
  • mit speziellen Lead-Usern

durchgeführt werden.

Innovationsworkshops mit Kunden oder Anwendern

Workshops mit bekannten Kunden sind vergleichsweise leicht zu organisieren: Bestehende Kontakte können genutzt und erfahrene Kunden eingeladen werden. Unter Kunden werden hier zum einen die direkten Kunden des Unternehmens verstanden. Darüber hinaus können als Workshopteilnehmer aber auch Handelsmittler, z.B. spezielle Fachverkäufer, Intermediäre, z.B. Architekten, oder, wenn die direkten Kunden selbst Zulieferer sind, die eigentlichen Endanwender/Endverbraucher in Betracht gezogen werden.

Die Einladung bestehender Kunden hat den Nachteil, dass Nicht-Kunden nicht zu Wort kommen und die Kundenvertreter bewusst oder unbewusst eine „akquisitorische“ Behandlung erfahren. Es ist auch zu befürchten, dass Workshopergebnisse an konkurrierende Anbieter weitergegeben werden. Hier kann man sich mit einer entsprechenden Vereinbarung absichern.

Auch wenn gute Kunden zur Zusammenarbeit bereit sind, wird es schwierig sein, viele Kunden für einen zweitägigen Workshop zu gewinnen. Mit vier oder fünf Kundenvertretern kann man durchaus zufrieden sein. Die Kundenvertreter dürfen sich nicht dominiert fühlen von einer Überzahl von Unternehmensvertretern. Es sollten gleichviel Vertreter aus Produktentwicklung und Marketing teilnehmen.

Im Prinzip läuft ein Innovationsworkshop mit Kunden ähnlich ab wie ein trendgestützter Workshop; nur die Anfangsphase ist anders: Nach den üblichen Eröffnungspunkten werden die teilnehmenden Kunden gefragt, welche Probleme sie haben und welche Innovationen sie sich wünschen. Als Methode ist hier die Kartenabfrage zu empfehlen: Die Kunden schreiben Probleme, Anforderungen und Wünsche auf Pinnkarten. Die Karten werden nicht ausgetauscht. Der Moderator übernimmt die Karten nach ca. 10 Minuten und heftet sie strukturierend an eine Pinnwand.

Auf Pinnkarten kann ein Problem nur verkürzt dargestellt werden. Es ist deshalb zu empfehlen, alle aufgeschriebenen Probleme und Wünsche nach neuen Produkten oder Service-Leistungen nacheinander durchzugehen, um Fragen zu stellen und sie richtig zu verstehen. Die veränderten bzw. ausführlicher beschriebenen Probleme, Anforderungen oder Wünsche werden auf neue Pinnkarten oder Blätter größeren Formats umgeschrieben und nach Bedarfsfeldern sortiert. Es kann dann noch eine Gewichtung zu den einzelnen Nennungen abgefragt werden; z.B.: 3 = sehr wichtig, hoher Lösungsbedarf; 2 = wichtig, Bedarf vorhanden; 1 = interessant, nützlich.

Die dargestellte intensive Problemerfassung und -aufbereitung wird einen ganzen Vormittag in Anspruch nehmen. Der weitere Workshopverlauf entspricht dem Ablauf bei trendgestützten Workshops wie in Abb. 3 vorgestellt: Es folgt jetzt - ggf. nach einer Mittagspause - die breite Ideenfindung mit der Kartenumlauftechnik. (Auf die Möglichkeit, den Workshop mit Kunden qaufzuteilen, wird weiter unten eingegangen.)

Lead-User-Workshops zur Innovationsfindung

In einem Kundensegment gibt es oft einzelne Personen (Anwender, Unternehmer), die zukunftsorientiert denken und Probleme erkennen, die sie lösen möchten. Sie entwickeln dazu konzeptionelle oder experimentelle Problemlösungen mit ihren Mitteln und Möglichkeiten.

Diese Lead-User zeigen Probleme und Lösungsansätze auf, für die es noch keine Lösungen auf dem Markt gibt. Eine Zusammenarbeit mit diesen Personen ersetzt aufwändige Bedarfsforschung und liefert direkt Inputs für die Entwicklungsarbeit.

Lead-User weisen folgende Merkmale auf:

  • Sie sind mit einer bestehenden Lösung bzw. Situation nicht zufrieden;
  • sie denken über Problemlösungen nach oder haben selbst schon Lösungen entworfen oder als Prototypen entwickelt;
  • sie sind an einer Problemlösung interessiert; von einer Innovation versprechen sie sich ideellen oder materiellen Nutzen.

Diese Kennzeichnung zeigt bereits, dass es nicht einfach ist, Lead-User ausfindig zu machen und mit ihnen zusammen zu arbeiten. Dennoch findet dieser Ansatz zur Innovationsfindung zunehmend Anwendung.

Die Lead-User-Methode geht in folgenden Schritten vor:

1. Vorbereitung

  • Festlegung des Zielmarkts (Anwendungssegment, Funktionsfeld)
  • Ermittlung von Faktoren und Trends, die auf die Entwicklungen im Zielmarkt Einfluss nehmen
  • Festlegung eines Innovationsfeldes

2. Gewinnung von Lead-Usern

  • Ermittlung von Anwendern/Kunden im Innovationsfeld und stufenweise Auswahl von Lead-Usern
  • Ermittlung von Experten/Anwendern in analogen Feldern
  • Einladung zum Workshop
  • Workshopplanung

3. Workshopdurchführung (zweitägig)

  • Erläuterung der Ziele und des Workshopablaufs
  • Präsentation von Trends, die direkt für das Innovationsfeld relevant sind
  • Präzisierung der Aufgabenstellung
  • Ideenfindung in zwei Stufen
    • Breite Ideenfindung
    • Vertiefung interessanter Ideen (in Kleingruppen)
  • Herausstellen verfolgenswerter Lösungsansätze
  • Workshopabschluss

Es folgt die unternehmensinterne Umsetzung.

Ein Beispiel soll den Lead-User-Ansatz verdeutlichen (vgl. Lettl 2004): Ein Unternehmen der Medizintechnik führte mit einem Universitätsinstitut einen Lead-User-Workshop auf dem Gebiet „Chirurgische Robotik“ durch. Die Auswertung von Trends und Expertenaussagen führte zu einer Festlegung des Innovationsfelds „Sterilität in der chirurgischen Robotik.“

Nach dieser Voranalyse und Innovationsfeldfestlegung wurden potenzielle Lead-User gesucht. 1120 Ärzte, Hygieniker, Ingenieure in USA, UK, Frankreich und Deutschland wurden identifiziert. In zwei Auswahlstufen wurde aufgrund von Recherchen und Telefongesprächen mit 120 potenziellen Teilnehmern Kontakt aufgenommen. Schließlich wurden 24 Experten nach pragmatischen Gesichtspunkten zum Workshop eingeladen: dies waren die Lead-User (vgl. Abb. 4). Fünf Mitarbeiter aus F&E und Produktmanagement des Unternehmens sowie drei externe Moderatoren nahmen zusätzlich am Workshop teil.

Lead User Ermittlung und Auswahl

Der Workshop dauerte zwei Tage. Als Ergebnis lagen drei radikale Innovationskonzepte und 16 Produktverbesserungsvorschläge vor.

Das Projekt dauerte 6 Monate und war sehr aufwändig.

Lead-User-Workshops der beschriebenen Art werden nicht sehr häufig durchgeführt. Aufgrund des Aufwands und des Zeitbedarfs ist er strategischen Projekten vorbehalten, die mit Hilfe bahnbrechender Innovationen eine deutliche Stärkung der Marktposition anstreben.

Technologiebezogene Innovationsworkshops

Immer wieder tauchen neue Technologien auf, um nur einige zu nennen: Nanotechnologie, Biotechnologien, Fotovoltaik, Mikrosystemtechnik, Internetanwendungen, erneuerbare Energien. Neue Technologien bieten Chancen für Innovationen (Push-Innovationen).

Unternehmen müssen prüfen, ob sie bestimmte neue Technologien für ihre Innovationen einsetzen können. Dies kann in einem Workshop geschehen. Als Teilnehmer ist in diesem Fall unbedingt ein Experte der behandelten neuen Technologie heranzuziehen. Neben internen Mitarbeitern aus F&E, Produktmanagement, Vertrieb und Produktion hat es sich bewährt, zusätzlich einen externen Technologie-Experten mit breiten Technologiekenntnissen einzuladen.

Am Anfang eines technologiebezogenen Workshops steht eine ausführliche Darstellung und Diskussion der neuen Technologie: Was leistet sie? Wie kann man sie nutzen? Welches Know-how muss intern aufgebaut werden? Wer kommt als Unterstützer oder Kooperationspartner in Frage?

Das Grundmuster eines Innovationsworkshops sollte auch bei dieser Aufgabenstellung eingehalten werden. Das Generieren von Innovationsideen stößt bei dieser Aufgabenstellung irgendwann an Grenzen, die sich aus den Anwendungsmöglichkeiten der neuen Technologie ergeben. Wegen der geringeren Ideenausbeute kann der Workshop etwas kürzer geplant werden: also 1,5 Tage anstelle von 2 Tagen.

Sollten bei diesem Workshop keine Ansatzpunkte für eine Nutzung der neuen Technologie in neuen Produkten oder in der Produktion gefunden werden, die das Unternehmen mit seinen Kompetenzen und Potenzialen realisieren kann, sind die Risiken zu ermitteln, die bei einer Verbreitung dieser Technologie für das Unternehmen entstehen.

Problemorientierte Innovationsworkshops

Ausgangspunkt für neue oder verbesserte Produkte oder Produktionsverfahren sind häufig Probleme, die vom Unternehmen selbst identifiziert wurden oder aufgrund von Kundenreklamation oder -problemen erkannt wurden.

Bei dieser Problemstellung besteht der erste Teil eines Workshops darin, das Problem für alle Teilnehmer verständlich darzustellen und zu durchdringen. Wichtig ist es hierbei, die Anforderungen an eine Lösung sowie die zu beachtenden Randbedingungen aufzuzeigen und zu erläutern.

Da bei diesen Workshops die Aufgabenstellung in der Regel konkret und fokussiert ist, könnte der Workshop auf einen vollen Tag angesetzt werden.

Abweichen vom integrierten Innovationsworkshop

Wir vertreten das Konzept des integrierten Innovationsworkshops, der sich von der Suchausrichtung bis zur Erarbeitung von Innovationskonzepten in einer durchgängigen Veranstaltung erstreckt. Dafür sollten zwei volle Tage eingeplant werden. In der betrieblichen Praxis neigt man dazu, diesen Prozess in eine Folge von Einzelsitzungen aufzuteilen. Dieses Vorgehen ist mit einer Reihe von Nachteilen verbunden: Der Prozess zieht sich in die Länge; die Teilnehmer müssen bei jeder Sitzung „auf Stand“ gebracht werden; es wird kaum möglich sein, dass alle Gruppenmitglieder an allen Sitzungen teilnehmen können; sie fehlen oder schicken einen Vertreter: Informationsdefizite sind die Folge.

Es gibt jedoch auch Gründe, von dieser Vorgabe abzuweichen und die Innovationsideenfindung in Workshopabschnitte aufzuteilen: Bei Innovationsworkshops mit Kundenvertretern oder externen Experten mag es nicht gelingen, sie für zwei Tage Mitarbeit im Workshop zu gewinnen. Daraus ergibt sich ein Schnitt im Workshopablauf. Es kann dann zweckmäßig sein, erst die Informationen und Bewertungen der externen Teilnehmer im Hinblick auf Relevanz für das Unternehmen aufzuarbeiten. In einem zweiten Teilworkshop wird dann der aufgezeigte Ablauf (vgl. Abbildung 3) fortgesetzt.

Die Ausarbeitung der Ideensteckbriefe ist zeitaufwändig, weil in mehreren Kleingruppen gearbeitet wird. (Jeweils ca. eine Stunde für eine Idee!) Steht nur wenig Workshopzeit zur Verfügung, kann man im Workshop die Steckbriefausarbeitung in einer Runde zum Kennenlernen des Vorgehens durchführen; anschließend erarbeiten Kleingruppen die Steckbriefe in eigener Zeitdisposition. In einem zweiten, maximal halbtägigem Workshop werden diese Ergebnisse präsentiert und die restlichen Schritte ausgeführt (s. Abbildung 3).

Oder: Im Unternehmen werden permanent Innovationsideen gesammelt oder durch Open-Innovation-Prozesse von außen eingeholt. Es wird beschlossen, diese vorliegenden Ideen mit den Ideen aus dem Workshop zusammen in einem Auswahl- und Vertiefungsprozess zu behandelt. Dieses Vorgehen würde den „normalen“ Innovationsworkshop überfrachten. Es bietet sich vielmehr an, den Workshop nach der zweiten Ideenfindung und -auswahl abzuschließen und die Ideen aufzubereiten. In einem zweiten Screening-Workshop sollten dann alle Ideen betrachtet und in zwei Auswahlstufen Innovationskonzepte ausgearbeitet werden.

So gibt es situative Notwendigkeiten, den Innovationsworkshop aufzuteilen. Als abgetrennte Workshops oder Sitzungen kommen vor allem Arbeitsschritte der Abschlussphase in Frage. Keinesfalls ist die Phase der Ideengenerierung (der kreative Kern) in getrennte Sitzungen aufzuteilen. Anzustreben ist jedoch der umfassende integrierte Innovationsworkshop.

Wie geht’s weiter?: Vorprojekte als nächste Stufe

Vorangehend wurden mehrere Typen von Innovationsworkshops beschrieben; sie unterscheiden sich in Anlass bzw. in der Ausgangssituation. Vom Ablauf und vom Methodeneinsatz her sind die Unterschiede gering; nur die erste Phase, in der Regel der erste Vormittag, ist typspezifisch geprägt. In dieser Phase wird das Verständnis für die Aufgabenstellung geschärft und die Ausrichtung vermittelt.

Bei allen Typen wird eine breite Ideenfindung angestoßen; anschließend werden die Ideen in mehreren Stufen selektiert. Für die aussichtsreichsten Ideen werden Steckbriefe erarbeitet, die den Übergang zu den nächsten Umsetzungsschritten darstellen.

Im folgenden Schritt des Innovationsprozesses (vgl. Abbildung 1) werden die Ideenkonzepte in Vorprojekte überführt. Diese Entscheidung ist durch das Ranking im Workshop vorgeprägt, sollte aber von einem übergeordneten Managementgremium getroffen werden.

Im Vorprojekt sind folgende Aufgaben zu leisten:

  • Vertiefende Bedarfserfassung
  • Abschätzung des Markt- und Absatzpotenzials
  • Herausarbeitung technischer Probleme und Herausforderungen, die evtl. noch vor der Projekteröffnung durch F&E zu lösen sind
  • Technische Vorversuche; Proof of principles
  • Entwurf eines Lastenhefts
  • Klärung der Patentsituation und anderer rechtlicher Bedingungen
  • Spezifische Risikoanalyse

Es werden auch schon erste Planungen durchgeführt:

  • Abschätzung der Projektdauer
  • Abschätzung des Projektbudgets
  • Vorschlag für den Projektleiter und das Projektteam

Ein Vorprojektleiter ist für die Arbeiten im Vorprojekt zuständig. Er führt sie selbst im Kontakt mit anderen Mitarbeitern aus und delegiert Aufgabenpakete an Spezialisten im Unternehmen. Ein formales Projektteam wird für Vorprojekte in der Regel nicht eingerichtet.

 

Autoren:

Prof. Dr. Horst Geschka

Dipl.-Kffr. Martina Schwarz-Geschka

Literatur

Geschka, Horst (1986). Creativity Workshops in Product Innovation. The Journal of Product Innova­tion Management. Vol. 3, Nr. 1, S. 48 - 56

Geschka, Horst (2010). Führen Sie einen Kreativ-Workshop durch!. Ideenmanagement. 36. Jg. Heft 4, S. 106 - 108

Lettl, Christopher (2004). Die Rolle von Anwendern bei hochgradigen Innovationen: Eine explorative Fallstudienanalyse in der Medizintechnik. Diss. Wiesbaden (DUV)

 

Bild oben © Gerd Altmann/ PIXELIO'

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