Mitarbeiterbindung als Ertragstreiber
Inhalt
» Durch Mitarbeiterbindung Kosten senken
» Durch Mitarbeiterbindung Erlöse steigern
» Ziele entscheiden über den Erfolg
» Mitarbeiterzentrierte Erfolgskultur als Accelerator
» Fazit: Mitarbeiterbindung ist immer ein Gewinn
Schon 2010 ermittelte das Beratungsunternehmen Aon Hewitt bei der Auswertung seiner Global Engagement Datenbase, dass Unternehmen mit hoher Mitarbeiterbindung weltweit Gewinne ausweisen, die den Marktdurchschnitt um 22 Prozent überschreiten. Anders hingegen die Ergebnisse der Firmen mit einem niedrigen Mitarbeiterbindungsgrad: Sie liegen 28 Prozent unter dem Mittelwert.
Mitarbeiterbindung bedeutet offensichtlich weit mehr als nur das Verhindern von Weggängen. Wenn Unternehmen eine niedrige Fluktuationsquote aufweisen, deutet dies nicht zwangsläufig auf eine hohe Mitarbeiterbindung hin: Möglicherweise haben die Mitarbeiter innerlich bereits gekündigt, aber verfügen nicht über eine Wechselalternative in der Region oder werden durch Vertragsklauseln im Unternehmen gehalten und tun nur das Nötigste. Wenn jedoch Mitarbeiterbindung als emotionale Verbundenheit zum Unternehmen verstanden wird, hat dies enorme Effekte auf das individuelle Engagement.
Durch Mitarbeiterbindung Kosten senken
Werfen wir zunächst einen Blick auf die Effekte, die eine derartige Mitarbeiterbindung für die Kostenseite bringt. Als Beispiel legen wir einen – bezüglich Mitarbeiterbindung – durchschnittlichen Betrieb mit 1.000 Mitarbeitern zugrunde. Laut der aktuellen Gallup-Studie 2014 sind dort rund 170 Mitarbeitern beschäftigt, die über keine oder gar eine negative Bindung verfügen, 670 im grauen Verbundenheitsmittelfeld und 160 mit hoher Verbundenheit zum Unternehmen. Die folgende Tabelle zeigt, welche Kosteneffekte zu erwarten sind, wenn 100 Mitarbeiter vom Bereich Null / Negativ in das Mittelfeld wechseln und von dort 200 Beschäftigte in den oberen Bereich.
* Bei angenommenen Personalkosten i.H.v. Ø 50.000 Euro p.P.p.a.
Sowohl die einzelnen Positionen der Tabelle als auch die jeweiligen Wertansätze sind einer Befragung unter Personalleitern von 2013 entnommen. Aus dem Controlling von realen Mitarbeiterbindungsprojekten ist bekannt, dass die Einsparungen tatsächlich deutlich höher liegen als von den Befragten eingeschätzt wurde. Ein für die Verbesserung der Mitarbeiterbindung bereitgestelltes Budget von 300.000 Euro reicht aus, um Einsparungseffekte in 20-facher Höhe zu erzielen.
Durch Mitarbeiterbindung Erlöse steigern
Das Senken von Kosten ist indes nur ein Weg, um auf der Basis ausgeprägter Mitarbeiterbindung die Unternehmenserträge zu steigern: Die Mehrung der Erlöse ist der zweite. Ein Zusammenhang zwischen dem Grad der Mitarbeiterbindung und dem Ertrag des Unternehmens ist nicht nur augenfällig, sondern auch empirisch belegt. Zahlreiche Studien zeigen, dass sich insbesondere hohe emotionale Mitarbeiterbindung außerordentlich positiv auf die Motivation des Einzelnen auswirkt.
Steigerung der Mitarbeiterbindung → Steigerung der Leistung
Zugleich greift der Wirkmechanismus der sozialen Identität. Menschen identifizieren sich umso lieber mit einer Organisation, desto erfolgreicher diese ist. Daher gilt:
Steigerung des Unternehmenserfolgs → Steigerung der Mitarbeiterbindung
Erfolgreiche Unternehmen haben auch beim Recruiting gegenüber Wettbewerbern die Nase vorn: "Erfolg macht sexy!" Sämtliche Bewerber- und Absolventenrankings zeigen, dass erfolgreiche Unternehmen auf die Zielkandidaten eine hohe Arbeitgeberattraktivität ausstrahlen. Was aber für das Schließen der abgebildeten Spirale noch fehlt, ist die Verbindung zwischen Leistung und Erfolg. Dafür ist zunächst Klarheit über die Begriffe Performance, Leistung und Erfolg erforderlich.
Der Prozess der Performance-Erbringung umfasst eine Input- und eine Outputdimension: Die Leistung als Input, wobei insbesondere Effizienz maßgeblich ist – und den Erfolg als Output mit dem entscheidenden Faktor Effektivität. Daher kann Performance nicht einfach mit "Leistung" ins Deutsche übersetzt oder gar hiermit gleichgesetzt werden. Dies griffe zu kurz, da mit Leistung ausschließlich die Input-Größe im Prozess der Performanceerbringung beschrieben wird. Leistung, gleich ob auf Individualebene, Team-, Abteilungs-, Bereichs- oder Unternehmensebene, spiegelt lediglich Bemühungen, Anstrengungen und Engagement wider. Nicht aber den hiermit erzielten Erfolg.
Ziele entscheiden über den Erfolg
Bei der Beurteilung, ob und welche Arbeitsergebnisse einen Erfolg darstellen, kommen die Unternehmensziele als Maß der Dinge ins Spiel: Unterstützt ein Arbeitsresultat die Unternehmensziele, kann es als ein Erfolg bezeichnet werden. Tut es das nicht, ist das Resultat der Tätigkeiten schlicht und einfach kein Erfolg – trotz möglicherweise zuvor höchstem Bemühen, also hoher Leistung, der beteiligten Akteure. Andersherum betrachtet bedeutet dies auch: Ein Arbeitsergebnis, das in einer bestimmten Unternehmenssituation als großer Erfolg gilt, könnte unter anderen unternehmensstrategischen Vorzeichen als totaler Misserfolg bezeichnet werden. Es kommt eben ganz auf die Ziele an, die das Unternehmen verfolgt.
Das Instrument der Zielvereinbarung ist zweifellos eine hierfür zentrale Aufgabe der Führungskräfte. Hiermit richten Führungskräfte die Leistungen ihrer Mitarbeiter auf die Ziele aus, sorgen somit für Erfolge im Sinne der Unternehmensziele – und in Summe auch zu Unternehmenserfolgen.
Steigerung der Leistung → Steigerung des Unternehmenserfolgs
Offensichtlich liegt hier eine wechselseitige Beeinflussung vor: Mitarbeiterbindung, Leistung und Erfolg können sich gegenseitig hochschaukeln (Aufwärtsspirale). Erfolg, also Ergebnisse im Sinne der Ziele, ist das, was nicht nur für Anteilseigner und die Unternehmensleitung, sondern auch für die Mitarbeiter zählt. Diese arbeiten umso lieber und umso engagierter, umso erfolgreicher und umso angesehener ihr Arbeitgeber ist. Wenn das Unternehmen der Befriedigung des individuellen Erfolgsmotivs dient, dann entwickelt der Mitarbeiter eine hohe emotionale Bindung an die Organisation.
Indem das Unternehmen und – auf individueller Ebene – die Mitarbeiter erfolgreich sind, wird nicht nur die Identifikation gestärkt. Vielmehr wird zugleich eine Mitarbeiterbindung geschaffen, die so stark ist, dass sie über die hohe Leistungsbereitschaft hinaus bis hin zu einem ungebremsten Erfolgswillen wirkt.
Mitarbeiterzentrierte Erfolgskultur als Accelerator
Um die Aufwärtsentwicklung ebenso langfristig wie stabil in Gang zu bringen, sind Führungskräfte aller Ebenen gefordert: Sie haben die Mitarbeiterbindung zu fördern, Leistungen zu fordern und ihre Mitarbeiter auf zielorientierte Erfolge auszurichten. Die Aufwärtsspirale beschreibt einen Prozess sich gegenseitig nährender Mitarbeiterbindungs-, Leistungs- und Erfolgssteigerungen, getragen von den Gedanken einer mitarbeiterzentrierten Erfolgskultur. Diese Erfolgskultur wird, wie jede Form der Unternehmenskultur, insbesondere durch die Unternehmensleitung geprägt.
Hierzu gehört, dass Leistungen als solche identifiziert und als hinreichende, aber nicht notwendige Bedingungen für Erfolg angesehen werden. In einer Erfolgskultur wird zwischen Leistungen und Erfolgen glaubwürdig unterschieden, insbesondere im Hinblick auf die hieraus erwachsenden Folgen. Es muss jedem einzelnen Mitarbeiter klar sein, dass es nachher nicht darauf ankommt, ob er stets bemüht war. Sondern darauf, welchen Wert seine Arbeitsergebnisse für das Erreichen der Ziele hatte.
Fazit: Mitarbeiterbindung ist immer ein Gewinn
- Mitarbeiterbindung ist ein starker Erfolgstreiber – und Unternehmenserfolge wirken ihrerseits stärkend auf die Mitarbeiterbindung.
- Durch Verbesserung der Mitarbeiterbindung sind Kostensenkungen von 6 Mio. Euro pro 1.000 Mitarbeiter jährlich eine realistische Untergrenze.
- Die Aufwärtsspirale verschafft Unternehmensleitungen die Möglichkeit, die dynamischen und sich gegenseitig verstärkenden Prozesse von Mitarbeiterbindung, Leistungserbringung und Geschäftserfolg zu initiieren und zu steuern.
- Für das Funktionieren dieser höchst wertschaffenden Aufwärtsspirale ist eine mitarbeiterzentrierte Erfolgskultur von besonderer Bedeutung, die von der Unternehmensleitung und den Führungskräften initiiert, umgesetzt und vorgelebt wird.
Autor: Gunther Wolf
Literatur:
1. Wolf, Gunther: Mitarbeiterbindung – Strategie und Umsetzung im Unternehmen (Freiburg, 1. Auflage 2013).
2. Jörg Felfe: Mitarbeiterbindung. Göttingen (Hogrefe Verlag, 2008).
Bild oben © Jorma Bork PIXELIO'